Myotis myotis
Lebensraumnutzung
Quartiere
Nutzt im Sommer tagsüber grosse, ungestörte Dachstöcke, in welchen die Weibchen in Kolonien von teils >1‘000 Tieren ihre Jungen aufziehen. Mehrheitlich solitäre Männchen im Sommer zusätzlich auch in Baumhöhlen, Nistkästen und Felshöhlen. Winterschlaf vor allem in Höhlen und Stollen.
Jagdlebensräume
Nahrungssuche hauptsächlich in älteren Wäldern mit geschlossenem Kronendach und frei zugänglicher Bodenfläche. Je nach Jahreszeit, Nahrungsangebot und Bewuchshöhe aber auch auf Viehweiden, Äckern und in Hochstammobstgärten. Grössenordnung Jagdgebiete: 1-10 ha. Beutetiere vor allem Laufkäfer, welche im Tiefflug knapp über dem Boden erjagt werden. Detektion der Beute oft über deren Krabbelgeräusche. Jagdgebiete in bis über 20 km vom Quartier entfernt.
Flugkorridore
Vor allem in Gebieten mit erhöhter Lichtverschmutzung stark strukturgebundene Art. Fliegt dann auf Transitflügen meist entlang von Waldrändern, Hecken, Gewässern oder Dunkelkorridoren durch den Siedlungsraum. Distanzen zwischen Sommer- und Winterquartier können bis über 100 km betragen.
Verbreitung
Erlitt massive Bestandeseinbrüche Mitte des 20. Jahrhunderts. Gegenwärtig nur noch rund 100 Wochenstubenkolonien, konzentriert auf Mittelland, Tessin und warme Alpentäler. Gesamtbestand in den Wochenstuben rund 18‘000 adulte Tiere. Kann in tiefen Lagen aufgrund der grossen nächtlichen Mobilität und der verstreut lebenden Männchen fast flächendeckend nachgewiesen werden.
Gefährdung
- Quartierverlust durch unbegleitete Gebäudesanierungen: Renovationen, Sanierungen zur energetischen Optimierung der Gebäudehülle, Verschluss der Zugänge, Umnutzungen, Einsatz giftiger Holzschutzmittel
- Eindringen von Mardern und Eulen in Gebäudequartiere
- Energieverlust wegen Störungen durch Höhlentourismus während des Winterschlafs
- Lebensraumverlust/-fragmentierung durch Lichtverschmutzung (Quartiere, Flugkorridore) im Siedlungsraum sowie Lärmverschmutzung und Infrastrukturbauten in den Jagdgebieten
- Verlust von Jagdlebensräumen im Wald: starker Rückgang von Hallenwäldern wegen veränderter Wachstumsbedingungen (verdichtete Böden, trockenheisse Sommer, erhöhte N-Konzentration) und Forstpraktiken
- Rückgang des Nahrungsangebots v.a. im Offenland wegen intensivierter und grossflächigerer Landwirtschaft und übermässigem Dünger- und Pestizideinsatz
Massnahmen
Hochgradig conservation dependent. Schutz- und Fördermassnahmen notwendig. Weiterführung und Ausbau des Nationalen Schutz- und Monitoringprogramms Mausohren. Erarbeitung kantonaler Aktionspläne und Schliessung lokaler Wissenslücken, insbesondere bezüglich Flugkorridore und Jagdlebensräume. Bei allen Massnahmen Einbezug der Regionalen Koordinationsstelle Fledermausschutz zwingend.
Quartiere
Schutz bestehender Wochenstuben stärken (raumplanerische Verankerung). Weiterführen der Quartierbetreuung durch Ehrenamtliche Mitarbeiter/-innen. Einbezug der mittelbaren Quartierumgebung, insb. hinsichtlich Lichtverschmutzung. Verzicht auf Fassadenbeleuchtungen an Quartiergebäuden im Sommerhalbjahr. Schutz von bekannten Winterquartieren in Höhlen mittels Zutrittsbeschränkungen.
Jagdlebensräume
Schutz und Förderung von Hallenwäldern mit freiem Bodenzugang: wo ausreichend, über Schonung entsprechender Baumbestände, ansonsten durch gezielte Pflegeeingriffe (maschinelle/manuelle Entfernung von Strauchschicht und Brombeeren, Stossbeweidung nach Laubaustrieb etc.). Mittelfristig grossflächigere Ausrichtung der Forstwirtschaft in Zielgebieten. Erhöhung der Umtriebszeit und Schonung der dicksten Bäume.
Flugkorridore
Erfassung und raumplanerische Verankerung sowie konsequenter Schutz von nachtdunklen Flugkorridoren zwischen Quartier und Jagdlebensraum. Überprüfung und wo nötig Optimierung des Beleuchtungsregimes und des Strukturkorridors in Quartiernähe. Synergien mit anderen Zielarten zur Etablierung einer ökologischen Infrastruktur durch den Siedlungsraum (insbesondere Dunkelkorridore).