Myotis nattereri
Bericht über eine Wochenstubensuche hier.
Lebensraumnutzung
Quartiere
Auch wenn sich die meisten bekannten Kolonien in Fledermaus- und Vogelnistkästen sowie in engen Spalten an Gebäuden und Brücken befinden, bewohnt die Art vornehmlich Baumhöhlen unterschiedlichster Art (Fäulnishöhlen, Spechthöhlen, Zwiesel, Stammrisse). Das wahrscheinlich verzerrte Bild dürfte daher stammen, dass Baumhöhlenquartiere deutlich schwieriger nachzuweisen sind. Bildet Wochenstubenkolonien von 10-50 Weibchen. Quartiere werden regelmässig gewechselt, manchmal alle 2 Tage. Winterschlaf vor allem in unterirdischen Höhlen und Stollen.
Jagdlebensräume
Jagt vor allem in Wäldern unterschiedlichster Struktur und Artzusammensetzung aber auch in halboffenen Lebensräumen, vom Flachland bis jenseits der Baumgrenze. Kann auch in Viehställen nach Nahrung suchen. Grössenordnung Jagdgebiete: 1-10 ha. Jagdgebiete meist weniger als 4 km vom Quartier entfernt.
Flugkorridore
Vor allem in Gebieten mit erhöhter Lichtverschmutzung stark strukturgebundene Art. Fliegt dann auf Transitflügen meist entlang von nachtdunklen Waldrändern, Hecken, Gewässern sowie Dunkelkorridoren im Siedlungsraum. Distanzen zwischen Sommer- und Winterquartier betragen meist weniger als 100 km.
Verbreitung
In der ganzen Schweiz, vom Flachland bis ins Hochgebirge, jedoch nirgends häufig. Wochenstuben bis auf 1560 m.ü.M. (GR), höchster akustischer Nachweis auf über 3000 m.ü.M (VS).
Gefährdung
- Verlust von Gebäudequartieren durch unbegleitete Sanierungen: Renovationen, energetische Optimierung der Gebäudehülle, Verschluss der Zugänge, Umnutzungen, Einsatz giftiger Holzschutzmittel
- Lebensraumverlust durch übermässige Waldverjüngung (fehlendes Altholz)
- Energieverlust wegen Störungen durch Höhlentourismus während des Winterschlafs
- Lebensraumverlust/-fragmentierung durch Licht- und Lärmverschmutzung (Quartiere, Jagdlebensräume, Flugkorridore)
Massnahmen
Schutz- und Fördermassnahmen sinnvoll. Bedingt conservation dependent. Monitoring bekannter Wochenstuben, Winter- und Schwärmquartiere, Erarbeitung von kantonalen Aktionsplänen und Schliessung von Wissenslücken, insbesondere bezüglich Unterschieden in Verbreitung und Ökologie der beiden Arten. Bei allen Massnahmen Einbezug der Regionalen Koordinationsstelle Fledermausschutz.
Quartiere
Schutz bestehender Wochenstuben an Gebäuden stärken (raumplanerische Verankerung). Einbezug der näheren Quartierumgebung, insbesondere hinsichtlich Lichtverschmutzung. Verzicht auf Fassadenbeleuchtungen an Quartiergebäuden im Sommerhalbjahr. Schutz und Förderung von Höhlenbäumen und Laubbäumen mit DBH >50 cm. Schutz von bekannten Winterquartieren in Höhlen mittels Zutrittsbeschränkungen im Winterhalbjahr.
Jagdlebensräume
Schutz und Förderung mosaikartiger Kulturlandschaften und verzahnter Waldränder. Reduktion der Lichtverschmutzung in Waldnähe. Verzicht auf Pestizideinsatz in der Forstwirtschaft.
Flugkorridore
Erfassung, raumplanerische Verankerung sowie konsequenter Schutz von nachtdunklen Flugkorridoren zwischen (Gebäude-)Quartieren und Jagdlebensräumen. Überprüfung und wo nötig Optimierung von Beleuchtungsregimes und Strukturkorridoren in Quartiernähe. Synergien mit anderen Zielarten zur Etablierung einer ökologischen Infrastruktur durch den Siedlungsraum (insbesondere Dunkelkorridore).