Tragödie in der Mausohrwochenstube

An einem Morgen Ende Mai erreichten uns auf dem Fledermausschutz-Nottelefon unabhängig voneinander zwei Anrufe, dass in Balsthal in einem Gebäudeflur zahlreiche Fledermäuse herumflögen. Schnell war klar, dass es sich bei dem Gebäude um das Quartier einer bekannten Mausohr-Wochenstube handelt. Wie und weshalb die Fledermäuse aber aus dem Dachstock ins Erdgeschoss und gar in den Keller kamen, liess sich vorerst nicht ermitteln.

Der daraufhin alarmierte Quartierbetreuer, Toni Vögeli, fand im Keller in einem fensterlosen Raum über 30 Fledermäuse, welche er zurück in den Dachstock brachte. Fast alle konnten sogleich wegfliegen und sich ihren Artgenossen im Dachstock anschliessen. Für vier Tiere kam jedoch jede Hilfe zu spät, sie waren bereits verendet.

Dass über die nächsten Wochen immer wieder einzelne Mausohren im Keller vorgefunden wurden, liess dem Quartierbetreuer keine Ruhe. In minutiöser Kleinarbeit durchsuchte er deshalb jeden Spalt, jede Ritze und jeden Winkel des Gebäudes und wurde schliesslich fündig: Im Innern eines sich nicht mehr im Dienst befindlichen Lüftungsgebläses fand er die Überreste von mindestens 118 toten Mausohren, die meisten bereits Jahre oder gar Jahrzehnte alt. Allem Anschein nach flogen die Tiere über eine Lüftungsöffnung in einem Gebäudezwischenraum in das Gebläse hinein und kamen wegen der glatten Oberflächen nicht mehr hinaus, was ihren sicheren Tod bedeutete. Nach seinem grausigen Fund verschloss der Quartierbetreuer die erwähnte Öffnung, sodass in Zukunft keine Tiere mehr zu Schaden kommen sollten. Glück im Unglück hatten entsprechend die geretteten Fledermäuse, wie auch die Kolonie als Ganzes: Bei einer Zählung Anfang Juli wurde mit fast 200 Alt- und ebenso vielen Jungtieren die höchste je in diesem Quartier gezählte Individuenzahl erfasst.

Auch wenn es sich beim hier geschilderten Fall sicherlich um ein Extrembeispiel im Hinblick auf die Anzahl verendeter Tiere handelt: Täglich kommen unzählige Fledermäuse in menschgemachten Fallen ums Leben – seien dies Viehtränken ohne Ausstiegshilfe, aufgeklappte Fenster oder eben glattwandige Rohre, beispielsweise in Lüftungen oder Kaminen. Die Stiftung Fledermausschutz setzt sich zusammen mit ihren Partner*innen in den Kantonen und Gemeinden dafür ein, dass solche Fallen nachhaltig entschärft werden. Zahlreiche Tipps zum Entschärfen von Fledermausfallen finden sich auch in unserem Ratgeber Fledermausschutz.