Wissen Sie, wie sich Fledermäuse paaren? Nicht? Dann sind Sie nicht alleine!
Auch Wissenschaftler*innen stehen diesbezüglich vor offenen Fragen. Besonders deutlich zeigt dies eine neue Publikation mit Schweizer Beteiligung, welche kürzlich im Fachjournal «Current Biology» erschienen ist. Darin beschreiben Nicolas Fasel von der Uni Lausanne und sein Team ein aussergewöhnliches und nach heutigem Kenntnisstand bei Säugetieren einzigartiges Paarungsverhalten.
Der Penis männlicher Breitflügelfledermäuse misst im erigierten Zustand rund 22% der Körperlänge der Tiere und ist am Ende herzförmig verbreitert. Damit ist er rund siebenmal so lang und breit wie die Vagina der Weibchen. Für eine Penetration bei der Paarung, wie sie bei Säugetieren ansonsten die Regel ist, scheint er dadurch eher ungeeignet.
Um herauszufinden, was es mit dieser scheinbaren Diskrepanz auf sich hat, untersuchten die Forscher*innen 93 Breitflügelfledermaus-Paarungen. Bei keiner dieser Paarungen konnte ein Eindringen des Penis in die Vagina beobachtet werden, wie das bei Säugetieren generell zu erwarten wäre. Vielmehr drückten die Männchen ihr Begattungsorgan einfach auf die Vulva der Weibchen und verharrten so für bis zu mehr als 12 Stunden.
Inwieweit dieses Verhalten auch bei anderen Fledermausarten vorkommt, oder gar Säugetieren im weiteren Sinne, bleibt zu klären. Ebenso die evolutionsbiologischen Gründe für diese spezielle Anpassung. Eine mögliche Erklärung liefert die Publikation gleich mit: Mit ihrer Schwanzflughaut sind Fledermausweibchen in der Lage, ihre Genitalien zu bedecken und so ungewollte Paarungen zu verhindern. Die Verlängerung und formliche Veränderung des Penis könnten aus evolutiver Sicht dabei geholfen haben, diese Barriere zu umgehen.
Wenn dem so ist, ist zu erwarten, dass dieses Verhalten und die anatomischen Anpassungen auch bei weiteren der weltweit über 1'400 bekannten Fledermausarten vorkommen. Auch würde man in diesem Fall eher kurze Paarungen erwarten. Die Hälfte der für diese Studie beobachteten Paarungen dauerten jedoch länger als 53 Minuten.
Weitere Erkenntnisse der Studie waren, dass die Paarungszeit der untersuchten Populationen im September startete und ihren Höhepunkt im Oktober hatte. Es fanden aber auch Paarungen im März und April statt.
Im Juli und August können an sogenannten Schwärmplätzen vor allem abends viele Breitflügelfledermäuse gleichzeitig fliegend beobachtet werden. Solche Schwärmplätze sind bei mehreren einheimischen Fledermausarte nachgewiesen. Man ist heute grundsätzlich der Ansicht, dass das Schwärmen von Fledermäusen der Partnerfindung dient. Da die meisten Paarungen bei Breitflügelfledermäusen jedoch erst ab September stattfinden, könnte das Schwärmen auch andere Funktionen haben.
Wir sind gespannt auf weitere Untersuchungen.