Das Bewusstsein für «Biodiversität», also die Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten sowie ihrer Lebensräume, ist in den letzten Jahren in der Schweizer Bevölkerung stark gestiegen. So wurde in einer gross angelegten Befragung 2023 durch das Bundesamt für Statistik (BFS) zum Thema Umwelt gar der Verlust der Biodiversität noch knapp vor Klimawandel und Wasserknappheit als grösste Gefahr wahrgenommen.
Gleichzeitig scheint aber die Wahrnehmung des tatsächlichen Zustandes der Biodiversität in der Schweiz stark verzerrt zu sein. Denn über 80% der Befragten schätzen die Qualität der Umwelt in der Wohnumgebung bzw. in der Schweiz als gut bis sehr gut ein, OBWOHL in keinem anderen europäischen Land sind so viele Tier- und Pflanzenarten auf der Roten Liste stehen wie in der Schweiz. Von unseren Fledermausarten gelten gar 58% als bedroht (siehe auch hier).
Was bringt uns Fledermaus-Biodiversität?
Gut 75% der Fledermäuse weltweit ernähren sich mindestens teilweise von Insekten, in der Schweiz sind es sogar alle unsere 30 einheimischen Arten. Wie mehrere Studien gezeigt haben, befindet sich unter den durch Fledermäuse erjagten Insekten auch ein beträchtlicher Anteil an Schadinsekten (siehe unten).
Durch das Erjagen der Schädlinge können diese, bzw. deren Larven einerseits selbst keine Pflanzen befallen und andererseits legen auch die Überlebenden weniger bis keine Eier mehr, was weniger Schadinsekten in der nächsten Generation bedeutet. Dadurch kann die Menge an ausgetragenen Pestiziden stark reduziert oder in einzelnen Fällen gar komplett eingespart werden (Originalbeitrag).
Abgesehen von den gesundheitlichen Kosten der Pestizide als Rückstände in Nahrung und Wasser, erbringen Fledermäuse jährlich beträchtliche Ökosystemleistungen in Form von geretteter Ernte sowie nicht verwendeter Pestizide.
Allein für die Reisernte in Spanien ermittelte ein Forscherteam einen Betrag von 1.2 – 12.1 Millionen jährlich durch dank Fledermäuse «geretteten Reis» (unser Beitrag, Originalbeitrag). Und auch der Schweiz dürfte sich die durch Fledermäuse erbrachten Ökosystemleistungen jährlich auf mehrere 100 Millionen Franken belaufen.
Diese Ökosystemleistungen können jedoch nur dann erbracht werden, wenn den Beständen einerseits ausreichender und andererseits vernetzter Lebensraum zur Verfügung steht. Bei Fledermäusen sind neben einem ausreichenden Angebot an unterschiedlichen Tagesschlafverstecken, Jagdlebensräume in ausreichender Qualität sowie dazwischenliegende, nachtdunkle Flugkorridore von grösster Bedeutung. Nur ihr Erhalt kann garantieren, dass Fledermäuse weiterhin für uns arbeiten.
Zum Thema bisher veröffentlichte Newsticker:
Fledermäuse jagen Schadinsekten
Des Försters kleine Helfer: Wie Fledermäuse unsere Wälder schützen (10.7.2024)
Weniger Fledermäuse, weniger Reis (4.5.2023)
Kleine Hufeisennasen erbeuten Schadinsekten (11.8.2022)
29 verschiedene Pestizide in deutschen Fledermäusen nachgewiesen (21.7.2022)
Wie Windenergieanlagen natürliche Nahrungsnetzte zerstören können (8.6.2022)
Lebensraumbedarf der Fledermäuse
Fledermausquartiere von Nationaler, Regionaler und Lokaler Bedeutung (29.8.2023)
Wo fliegst Du lang (13.9.2022)
Neuer Infoflyer das Grosse Mausohr im Wald (21.10.2021)
Treffen sich eine Fledermaus und ein Vogel im Wald (8.6.2021)
Wahrnehmung, Platzbedarf und Kostenabwägung
Mehr Wohnraum für die Biodiversität (20.12.2023)
Wahrnehmung der Biodiversitätskrise in der Schweiz (5.2.2024)
Der Schutz der Natur bringt mehr wirtschaftlichen Nutzen als ihre Ausbeutung (8.4.2021)