Social Distancing bei Vampiren

Man mag es kaum mehr hören, und doch ist es auch ein Jahr nach Ausbruch der Coronapandemie in aller Munde: das Social Distancing. Auch wenn die meisten von uns diesen Anglizismus erst seit einem Jahr in ihrem Wortschatz haben dürften, gibt es das Verhalten an sich schon deutlich länger. Und zwar nicht nur beim Menschen, sondern auch bei anderen Tierarten. So zum Beispiel auch bei Vampirfledermäusen, wie ein Deutsch-US-Amerikanisches Forscherteam unlängst nachweisen konnte.

Das Team um Simon Rippberger injizierte 16 wildlebenden Vampirfledermäusen (Desmodus rotundus) Lipopolysaccharide – eine Substanz, die im Organismus eine wichtige Rolle bei der Reaktion auf Krankheitserreger spielt und so auch für verschiedene Krankheitssymptome wie Fieber verantwortlich ist. Eine Kontrollgruppe erhielt lediglich Kochsalzlösung verabreicht. Im Anschluss wurde jedes Tier mit einem Näherungssensor ausgestattet – ein 1.8 g schweres Gerät, welches Distanzen zu anderen baugleichen Sensoren überwacht und aufzeichnet. Nun wurden die Tiere für 48 Stunden überwacht – der ungefähren Wirkungsdauer der verabreichten Substanz.

Dabei zeigte sich, dass sich kranke Vampirfledermäuse deutlich seltener in der Nähe von Artgenossen aufhalten, als dies bei gesunden der Fall ist. Kranke Tiere schlafen auch mehr und bewegen sich weniger. Wenn auch eher als positiver Nebeneffekt, verringert sich durch dieses passive Social Distancing das Risiko einer Krankheitsübertragung zwischen Individuen.

Das Verhalten unterscheidet sich jedoch deutlich vom Social Distancing, wie wir es gegenwärtig praktizieren: Kranke Tiere werden nicht aktiv von den gesunden gemieden, sondern ziehen sich von sich aus mehr zurück, wenn sie krank sind. Wer weiss, ob die Corona-Pandemie zur selben globalen Geissel geworden wäre, wenn wir uns ein Beispiel an den Vampirfledermäusen genommen hätten…

Vampirfledermäuse leben ausschliesslich in Mittel- und Südamerika. Während sich der hier untersuchte Gemeine Vampir vor allem vom Blut von Säugetieren – darunter auch Kühen, Pferden und Ziegen – ernährt und deshalb vielerorts bekämpft wird, trinken die beiden anderen Arten vornehmlich Vogelblut.

Hier geht's zur Studie.