Kein «fledermausfreundlicher» Sommer für die Mausohren - Ergebnisse der Bestandeszählungen 2021

Im Rahmen des Nationalen Schutz- und Monitoringprogramm werden die Wochenstubenkolonien des Kleinen und Grossen Mausohrs überwacht und jährlich kontrolliert. Bei diesen Quartierkontrollen werden die Anzahl ausgewachsener Tiere in der Kolonie nach einem schweizweit standardisierten Verfahren ermittelt.

Die Zählungen im Sommer 2021 in den 66 Wochenstuben der östlichen Landeshälfte ergaben einen Bestand von fast 13'200 ausgewachsenen Tieren. Im Vergleich zum vorhergehenden Jahr ist dies ein leichter Rückgang (2020: Rund 13'800 Tiere), der auf Witterung zurückzuführen sein könnte: Wegen des kühlen und regnerischen Sommers sind vermutlich viele Weibchen zeitweise nicht in die Wochenstubenquartiere zurückgekehrt bzw. sind nicht lange dortgeblieben und stattdessen zwischenzeitlich auf andere Quartiere ausgewichen.

So konnten praktisch in allen kontrollierten Wochenstubenquartieren in den Monaten Juni/Juli deutlich weniger Tiere gezählt werden als zum gleichen Zeitpunkt im 2020.
 
Die Weibchen des Kleinen und Grossen Mausohrs (Myotis blythii und Myotis myotis) versammeln sich jeden Sommer in ihren Wochenstubenkolonien, um dort ihre Jungen zu gebären und aufzuziehen. Schweizweit sind noch rund 100 Kolonien bekannt, welche sich vor allem auf das Mittelland, das Tessin und die warmen Alpentäler konzentrieren. Bevorzugt werden grosse, störungsarme und zugluftfreie Dachstöcke, wie sie vor allem noch in Kirchen zu finden sind.

Neben den Weibchen mit ihren Jungtieren können auch einzelne, noch nicht geschlechtsreife Männchen im gleichen Dachstock anzutreffen sein.
 
Während beim Grossen Mausohr Wochenstuben mit ausschliesslich dieser Art vorkommen, kann man das Kleine Mausohr in der Schweiz ausschliesslich zusammen mit dem Grossen Mausohr in sogenannten Mischkolonien antreffen, wobei die beiden Arten morphologisch kaum unterscheidbar sind.

Die kühlen Temperaturen im Frühling 2021 hatte auch einen Einfluss auf den Verlauf der Trächtigkeit: Fledermäuse verfallen bei ungünstigen Witterungsbedingungen in Tagesschlaflethargie (Torpor) und können so effizient Energie sparen.

Bei dieser Reduktion der Stoffwechselfunktionen wird aber auch die Entwicklung des Jungtieres im Mutterleib verlangsamt. Dies hat im letzten Sommer dazu geführt, dass der Zeitpunkt der Geburten (üblicherweise Ende Mai/Anfang Juni) ca. 3 Wochen später stattgefunden hat. Jungtiere, die später im Jahr geboren werden und somit später flügge sind, haben weniger Zeit, um sich Fettreserven für den Winterschlaf anzufressen und damit eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit.
 
Neben den ungünstigen Temperaturen war auch das Nahrungsangebot für die Mütter aufgrund der Schlechtwetterphasen im Juni/Juli sehr schlecht. Dadurch wurde in vielen Wochenstubenkolonien eine sehr hohe Jungensterblichkeit festgestellt. Von mindestens 2 Kolonien ist bekannt, dass vermutlich keines der Jungtiere überlebt hat.
 
Der Sommer 2021 war also alles andere als «fledermausfreundlich» … Da die Bestandeszahlen aber jährlichen Schwankungen unterworfen sind, ist es wichtig, die Bestandesentwicklung über einen längeren Zeitraum zu interpretieren. Ein effektiver Rückgang kann nur so erkannt werden und es können geeignete Massnahmen zum Schutz und Erhalt der Kolonie ergriffen werden. 

Ein grosses Dankeschön geht an die Kantonalen Fledermausschutz Beauftragten und den ehrenamtlich arbeitenden Quartierbetreuenden, welche vor Ort den Schutz der Wochenstubenquartiere gewährleisten und jeden Sommer mit grossem Einsatz die Monitoringzählungen durchführen.